„Bunt statt braun“ unter dieser Überschrift versammeln sich Menschen verschiedener Konfessionen, die auch Vortrag halten über die Zusammenhänge der Machtergreifung Hitlers und der Lehre Luthers, auf dessen Schriften sich die Evangelische und Katholische Kirche immer dann beriefen, wenn jüdische Mitbürger verfolgt und ermordert wurden. Welche Schuld tragen die großen Deutschen Kirchen? Ein Vortrag, der in der Eschweger Volkshochschule dazu gehalten wurde, akribisch recherchiert ist und deutlich macht, dass die Kirchen große Schuld auf sich geladen haben, wird hier veröffentlicht. Der Verfasser wird im Text benannt. Aber lesen Sie erst einmal, was passiert ist:
Wer brachte Hitler an die Macht? – Die Rolle der verschiedenen gesellschaftlichen Institutionen, Parteien, Wirtschaft und insbesondere der Kirchen im Zusammenhang mit der Machtergreifung Hitlers im Jahre 1933 und danach, darüber referiere ich, Richter am Landgericht Mühlhausen. Angeregt durch meine Tätigkeiten in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1989, zunächst als Personalleiter eines Pharmagroßhandelsunternehmens aus Essen und Aufbau eines neuen Betriebes in Taucha bei Leipzig und der anschließenden zwanzigjährigen Tätigkeit als Richter in einer Wirtschaftsstrafkammer und einer kleinen Berufungskammer, in der auch Verfahren gegen bekannte Neo-Nazis aus Thüringen zu verhandeln waren, begann ich, mich -in letzter Zeit erneut- näher mit dem Phänomen des Nationalsozialismus und dessen Ursachen und Folgen auseinander-zusetzen. Ein letzter Anstoß, sich mit dieser Thematik in jüngster Zeit erneut zu befassen, waren die Ereignisse um die Mordserie des aus Thüringen stammenden Terrortrios des NSU(Uwe Mundlos, Uwe Böhnhard und Beate Zschäpe) und dem sich aus diesen Ereignissen ergebenden Vorwurfs, die staatlichen Institutionen insbesondere der Polizei, des Verfassungsschutzes, der Staatsanwaltschaften und der Gerichte, seien auf dem rechten Auge blind.
Das Landgericht Mühlhausen bestand im Oktober 2013 seit 20 Jahren. Offensichtlich sahen sich das Thüringer Justizministerium in Erfurt, der Präsident des Oberlandesgerichts in Jena und der Präsident des Landgerichts in Mühlhausen sowie der Generalstaatsanwalt in Jena und der Leitende Oberstaatsanwalt in Mühlhausen vor dem Hintergrund der politischen Vorwürfe der „Blindheit auf dem rechten Auge“ veranlasst, dem etwas entgegen zu setzen, indem man gemeinsam mit Vertretern der evangelischen Kirchengemeinde Divi-Blasii in Mühlhausen anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten nicht nur über die Mauerschützenprozesse vor dem Landgericht Mühlhausen berichtete, sondern vom 05. bis 19.09.2013 auch die Wanderausstellung „Anwalt ohne Recht – Das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte in Deutschland nach 1933“ zeigte.
Diese Form, der in Deutschland praktizierten und weit verbreiteten sogenannten „Erinnerungskultur“ indem man immer wieder und ganz überwiegend an die Opfer des Nationalsozialismus und seiner Rassenideologie und seinen Antisemitismus erinnert, ohne dabei gleichzeitig die für diesen Irrweg mitverantwortlichen gesellschaftlichen Institutionen und Gruppierungen zu benennen, löste bei mir ein starkes Unbehagen aus.
Ich war und bin nach wie vor der Meinung, dass eine Ausstellung, die an das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte in der Zeit des Terrorregimes des Nationalsozialismus erinnert, in einer evangelischen Kirche, gerade in Thüringen, in der Nachbarstadt Eisenachs, anlässlich eines zwanzigjährigen Jubiläums eines Gerichtes nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten zu denken geben sollte, und Anlass sein sollte, auch über die Verantwortlichkeiten für die Fehlentwicklungen in der Zeit des Nationalsozialismus öffentlich zu reden und zu debattieren.
Die Unterstützung durch die Kirchen
Zunächst ist anzumerken, dass ohne die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland, die evangelische und die katholische Kirche, die Machtergreifung Hitlers am 30. Januar 1933 und die anschließende Festigung der Macht insbesondere durch das Ermächtigungsgesetz vom 24.03.1933 nicht möglich gewesen wäre.
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gesetz_zur_Behebung_der_Not_von_Volk_und_Staat_1933.jpg
Vorbereitung der Machtergreifung durch den Katholiken von Papen und Einigung mit Wirtschaftsvertretern
Nachdem bereits im November 1932 eine Eingabe von Industriellen, Bankiers und Großagrariern an den Reichspräsidenten von Hindenburg unverhohlen „eine vom parlamentarischen Parteiwesen unabhängige Regierung“ unter Beteiligung der Nationalsozialisten gefordert hatte, wurde die Machtergreifung Hitlers bereits am 04. Januar 1933 vorbereitet: In der Villa des Kölner Privatbankiers Freiherr Kurt von Schröder, – er war Mitglied des Deutschen Herrenclubs– wurde am 4. Januar 1933 das Bündnis von Kapital und klerikalem Konservatismus mit dem NS-Faschismus letztendlich besiegelt und die Machtübergabe an die Faschisten vorbereitet. Dies jedenfalls war Ziel und schließlich Erfolg des Treffens, das – vermittelt vom einflussreichen Bankier von Schröder, in dessen Villa am Stadtwaldgürtel – in Köln zwischen dem Ex-Reichskanzler Franz von Papen (ehemals Zentrumspartei) und dem Nazi-Führer Adolf Hitler stattfand. Einen Monat später war Hitler Reichskanzler und von Papen, übrigens mit päpstlichem Segen, sein Stellvertreter.
http://de.wikipedia.org/wiki/Industrielleneingabe
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Herrenklub
Von Papen war Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem und Ritter des Malteserordens. 1923 ernannte ihn Papst Pius XI. zum päpstlichen Geheimkämmerer. Diese Ernennung wurde ihm 1939 von Papst Pius XII. aberkannt, 1959 wiederholte Papst Johannes XXIII. aber die Ernennung. Der spätere Papst Johannes XXIII. war während seiner Zeit in Ankara (1934–1944) als Apostolischer Legat für die Türkei und Griechenland mit von Papen bekannt.
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=11947
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Mitglieder_des_Deutschen_Herrenklubs
Weitere Mitglieder des Herrenclubs:
– Friedrich Flick
– Franz Haniel
– Walter von Keudell
– Franz von Papen
Vizekanzler im Kabinett Hitler
(http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Papen)
– Robert Pferdmenges Privatbankier und Berater Adenauers
– Georg von Schnitzler
– Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk, Finanzminister im Kabinett Hitler
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Ludwig_Graf_Schwerin_von_Krosigk
http://de.wikipedia.org/wiki/Kabinett_Hitler
– Edmund Stinnes
– Fritz Thyssen
– Hermann Voss
http://f3.webmart.de/f.cfm?id=2614366&r=threadview&t=3980729&pg=1
Die BBC sandte 1941 folgende Meldung:
„Neben der Vorbereitung der Zustimmung einflussreicher Wirtschaftskreise zur Zustimmung der Reichskanzlerschaft Adolf Hitlers diente das Agieren von Papens auch der Vorbereitung der Zustimmung des politischen Katholizismus und katholischen Zentrums-Partei zur Machtverleihung an das Kabinett Hitler, am 30. Januar 1933, der Zustimmung zur Reichstagsbrandverordnung.“ (http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/innenpolitik/reichstagsbrandverordnung/) vom 27.02.1933, der Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz vom 24.03.1933 und damit der politischen Selbstaufgabe des parlamentarischen politischen Katholizismus.
http://www.dhm.de/medien/lemo/audios/greene
Als Gegenleistung durch das Kabinett-Hitler erhielt die katholische Kirche das sogenannte Reichskonkordat und von Papen wurde Vizekanzler im Kabinett Hitlers vom 20 Juli 1933.
http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/aussenpolitik/reichskonkordat/
Der katholische Theologe Ludwig Kaas war zwischen 1928 und 1933 Reichstagsabgeordneter und Vorsitzender der katholischen Zentrumspartei. Er war insofern mit verantwortlich für die Zustimmung des Zentrums zur Machtergreifung Hitlers am 30. Januar 1933 und für die Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz, durch das der demokratische Parlamentarismus und der Rechtsstaat zugunsten der Hitlerdiktatur abgeschafft wurden.
Immerhin war es der Katholik Franz von Papen, dem es gelang, bei einem Treffen am 04.01.1933 im Hause des Kölner Bankiers von Schröder die Zustimmung des rheinischen Geldadels und der rheinischen katholischen Fabrikbesitzer zur Zustimmung zur beabsichtigten Machtergreifung Hitlers am 30. Januar 1933 zu bewegen.
Nach seinem Weggang aus Berlin nach Rom verhandelte Ludwig Kaas federführend auf der Seite des Vatikans das Reichskonkordat zwischen der katholischen Kirche und der Regierung Hitlers, für die federführend Franz von Papen verhandelte.
Außerdem wollte die katholische Kirche im Deutschen Reich durch Abschluss des Reichskonkordats ihre in Artikel 137 der Weimarer Reichsverfassung X
festgeschriebene relative Unabhängigkeit vom Staat und ihr Privileg, ihre eigenen Angelegenheiten selbständig und unabhängig vom Staat regeln zu können, weiterhin wahren. Die Abschaffung der Demokratie und des Rechtsstaates der Weimarer Republik nahm sie dafür billigend in Kauf.
http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/aussenpolitik/reichskonkordat/
http://www.katholisch.de/de/katholisch/themen/dossiers_1/nationalsozialismus/reichskonkordat.php
Das ganz Entscheidende aber ist, dass insbesondere die katholischen Bischöfe sich nicht öffentlich und deutlich vernehmbar gegen die zunehmende Ausgrenzung derjenigen deutschen Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens und die Pogrome gegen die jüdischen Menschen im nationalsozialistischen Deutschland – besonders im November 1938, als die jüdischen Synagogen angezündet wurden – ausgesprochen haben und sie sich nicht gegen die massenhafte Ermordung jüdischer Menschen gewehrt haben.
So schrieb Konrad Adenauer (1876-1967) am 23. Februar 1946 an Pastor Bernhard Custodis: „Ich glaube, dass, wenn die Bischöfe alle miteinander an einem bestimmten Tage öffentlich von den Kanzeln aus dagegen Stellung genommen hätten, sie vieles hätten verhüten können. Das ist nicht geschehen und dafür gibt es keine Entschuldigung. Wenn die Bischöfe dadurch ins Gefängnis oder in Konzentrationslager gekommen wären, so wäre das kein Schade, im Gegenteil. Alles das ist nicht geschehen und darum schweigt man am besten.“
Zustimmung der evangelischen Kirche und tief verwurzelter Antijudaismus bei Luther
Der Feldmarschall und protestantische amtierende Reichspräsident von Hindenburg ernannte den katholischen Gefreiten Hitler aus Österreich am 30. Januar 1933 zum deutschen Reichskanzler. Überall in Deutschland saßen die Menschen vor den Radiogeräten und verfolgten die durch Goebbels perfekt inszenierte „Machtübernahme“ bzw. „Machtübergabe“ und empfanden diesen Tag als Wende zum Besseren.
Der spätere evangelische Landesbischof von Hamburg, Franz Tügel, steht für viele. Er erklärte am 30.Januar 1933: „Mit klopfendem Herzen erlebte ich den Einzug der Männerbataillone durch das Brandenburger Tor und den Vorbeimarsch an dem greisen Reichspräsidenten und seinem jungen Kanzler unter dem endlosen Jubel der Menschenmassen (…) Ein unbeschreibliches Hochgefühl, verbunden mit dem tiefsten Dank gegen den allmächtigen Herrn der Geschichte, erfüllte mein Herz, wie es wohl bei jedem nationalen deutschen Menschen gewesen ist.“ (Zitiert nach Barbara Beuys, Und wenn die Welt voll Teufel wär; Luthers Glauben und seine Erben, Seite 522).
Es soll hier nicht verschwiegen werden, dass es auch vereinzelte verhaltene vorsichtig warnende Stimmen gab. So schrieb Generalsuperintendent Otto Dibelius ein vertrauliches Schreiben vom 08.03.1933 an seine Pfarrer: „Es werden unter uns nur wenige sein, die sich dieser Wendung nicht von ganzem Herzen freuen.“ Doch dann folgt die theologische Warnung: „Wir werden darin einig sein, dass das Evangelium im Gegensatz zu jeder menschlichen Ideologie steht, sie mag nationalsozialistisch oder sozialistisch, liberal oder konservativ sein, dass das Evangelium den Menschen in seinem selbstischen Wünschen nicht bestätigt, sondern richtet…Dies Evangelium sollen wir predigen! Dies und kein anders! Mag die Politik Gräben ziehen, mögen Staatsmänner von Vernichtung, Ausrottung und Niederschlagen reden, mögen Hassbotschaften bei Massenaufmärschen einen Beifall finden, der nicht enden will, wir haben einen anderen Geist empfangen…Wo Hass gepredigt wird, und nun gar der Hass gegen Glieder des eigenen Volkes, da ist der Geist Jesu Christi nicht.“ (Zitiert nach Barbara Beuys, Und wenn die Welt voll Teufel wär; Luthers Glauben und seine Erben, Seite 524, 525)
Solche Stimmen gab es; sie wurden jedoch durch geschickt propagandistische Masseninszenierungen – wie den Tag von Potsdam – auch mit Unterstützung der sogenannten Volkskirchen hinweggefegt:
Am 21. März 1933 wurde der erste Reichstag nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten eröffnet. Ganz bewusst wurde nach dem Reichstagsbrand
(http://de.wikipedia.org/wiki/Reichstagsbrand) in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 Potsdam und die Potsdamer Garnisonskirche als Traditionsort preußischer Geschichte für die feierliche Konstituierung ausgewählt. Der eine Woche zuvor zum Propagandaminister ernannte Joseph Goebbels (NSDAP) inszenierte den „Tag von Potsdam“ als symbolische Verbindung “ vom alten und neuen Deutschland“, von konservativem Traditionsbewusstsein und nationalsozialistischem Erneuerungswillen. Der Tag begann mit Gottesdiensten in evangelischen und katholischen Kirchen. Die Stadt war dicht beflaggt mit kaiserlichem Schwarz-Weiß-Rot und Hakenkreuzfahnen. Das „Dritte Reich“ präsentierte sich als legitimer Erbe des 1871 gegründeten und mit Ausrufung der Republik im November 1918 untergegangenen „Zweiten Reichs“.
Auf den Stufen der Potsdamer Garnisonkirche reichte der katholische Adolf Hitler mit tiefer Verbeugung dem 86-jährigen evangelischen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, bekleidet mit der Uniform des kaiserlichen Generalfeldmarschalls, ehrerbietig die Hand. (http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-S38324,_Tag_von_Potsdam,_Adolf_Hitler,_Paul_v._Hindenburg.jpg) In der Kirche drängten sich Repräsentanten von Wirtschaft und Verwaltung ebenso wie Offiziere der Reichswehr und uniformierte Angehörige der Sturmabteilung (SA). Anwesend waren die Reichstagsabgeordneten der rechten und bürgerlichen Parteien. Die Sozialdemokraten verzichteten demonstrativ auf eine Teilnahme. Nicht teilnehmen konnten die Abgeordneten der Kommunistischen Partei
Deutschlands (KPD). Sie waren, wie Innenminister Wilhelm Frick (http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Frick) höhnisch bemerkte, „durch nützliche Arbeiten in den Konzentrationslagern“ am Erscheinen gehindert.
Die propagandistische Inszenierung erhöhte das Prestige des NS-Regimes im In- und Ausland. Vom Rundfunk wurde die „Potsdamer Rührkomödie“ in voller Länge übertragen; Sonderausgaben der Presse fanden unzählige Abnehmer.
Die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft übertrug den Festakt über alle deutschen Rundfunksender. Im deutschen Alltag erinnerten bis 1945 das Pausenzeichen des Deutschlandsenders mit dem Glockenspiel „Üb’ immer Treu’ und Redlichkeit“ der Garnisonkirche und die 5-Reichsmark-Münze mit ihrem Bild an das Ereignis.
Das Glockenspiel der Potsdamer Garnisonskirche:
und der Text dazu:
Nur zwei Tage später hingegen war die Illusion der harmonischen Koexistenz vom alten und neuen Deutschland verflogen.
Mit Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes durch den Reichstag mit Zustimmung der NSDAP, aller sonstigen konservativen Parteien und des Zentrums, entledigte sich die NSDAP bei der Verabschiedung von Gesetzen ihrer rechtlichen Bindungen an die Weimarer Reichsverfassung und an die Konservativen:
(http://de.wikipedia.org/wiki/Erm%C3%A4chtigungsgesetz)
Nach der Ausschaltung der KPD, „denen im Übrigen die Mandate durch Verordnung entzogen worden sind“, stimmte allein die SPD (94 Stimmen) im Reichstag gegen das Gesetz. Otto Wels (SPD) hielt eine noch heute vielbeachtete Rede gegen das Gesetz:
(http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/wels/index.html)
109 Abgeordnete verschiedener Fraktionen nahmen nicht an der Abstimmung teil:
26 Abgeordnete der SPD waren inhaftiert oder geflohen,
81 Abgeordnete der KPD (die gesamte Fraktion) wurden vor der Abstimmung widerrechtlich verhaftet oder waren geflüchtet und untergetaucht,
2 weitere Abgeordnete waren erkrankt bzw. entschuldigt.
Ausweislich des amtlichen Protokolls wurden insgesamt 538 gültige Stimmen abgegeben, 94 Abgeordnete stimmten mit „Nein“. Alle anderen Abgeordneten (insgesamt 444) stimmten für das Gesetz. Entweder geschah dies aus Überzeugung oder aus Sorge um ihre persönliche Sicherheit und die Sicherheit ihrer Familien, aber auch weil sie sich dem Fraktionszwang ihrer Partei beugten. Prominente Beispiele für die letzte Gruppe waren der spätere Bundespräsident Theodor Heuss (Deutsche Staatspartei), der spätere Bundesminister und CDU-Politiker Ernst Lemmer und der erste Ministerpräsident von Baden-Württemberg Reinhold Maier (DStP).
Als Hermann Göring das Abstimmungsergebnis bekannt gab, stürmten die NSDAP-Abgeordneten nach vorn und sangen das Horst-Wessel-Lied.
Dem politischen Katholizismus war – wie dem politischen Protestantismus – die Restauration der alten obrigkeitsstaatlichen Verhältnisse, die Abschaffung des Parlamentarismus, der Demokratie, der Wahrung der Menschenrechte und des Rechtsstaates zur Bekämpfung des Kommunismus, der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften wichtiger als der Erhalt der Demokratie, der Gewaltenteilung und des Rechtsstaates, dokumentiert und festgeschrieben in der Verfassung der Weimarer Republik.
Ein Blick auf die lokale Ebene in Eschwege und im Werra-Meißner-Kreis
Auch in Eschwege war man von der Machtergreifung Hitlers und seinem politischen Handeln im Jahre 1933 begeistert:
Aus den Eschweger Geschichtsblättern, Heft 6, „Das Jahr 1933 in Eschwege“
„Das Wochenende 18./19.11.1933 stand auch in Eschwege im Zeichen der Lutherfeiern. Die offiziellen Feiern begannen am Samstagabend mit einem Lampionzug sämtlicher Schulen.
Die Einspannung des Reformators in die nationalsozialistische Propaganda kam in der Rede von Studiendirektor Dr. Ehrentreich zum Ausdruck: „Heute wird der Luthergeist im Hitlergeist wieder lebendig…und heute erleben wir es, wie der Führer im Glauben an seine Sendung das Volk wieder emporhebt aus dem Sumpfe des Materialismus zu der Gottesidee des deutschen Christentums“.
Der Sonntag stand im Zeichen von je zwei Gottesdiensten in den beiden Eschweger Kirchen.
Kreispfarrer Clermont führte unter anderem aus: „Ohne die Vorarbeit Luthers hätten wir heute auch nicht das Dritte Reich. Auch Hitler steht auf den Schultern Luthers, der als ein rechter Deutscher uns die Wege zu wahrem deutschen Christentum gewiesen hat. (Eschweger Tageblatt vom 20.11.1933).
Der Königsberger Wehrkreispfarrer Ludwig Müller, ein überzeugter Parteigenosse der NSDAP wurde Hitlers „Bevollmächtigter für die Angelegenheiten der evangelischen Kirchen“. Im Juni 1933 ließ er das Gebäude des Kirchenbundes in Berlin durch die SA besetzen und machte sich selbst zum Leiter des Bundes.
Im Juli 1933 wählte die überwältigende Mehrheit der Protestanten in Deutschland bei den Kirchenvorstandswahlen Vertreter der Deutschen Christen in die Kirchenvorstände.
Die Deutschen Christen (DC) waren eine rassistische, antisemitische und am Führerprinzip orientierte Strömung im deutschen Protestantismus, die diesen von 1932 bis 1945 an die Ideologie des Nationalsozialismus angleichen wollten.
Sie wurden 1932 als eigene Kirchenpartei in Thüringen gegründet und gewannen 1933 die Leitung einiger Landeskirchen in der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK). Mit ihrer Gleichschaltungspolitik und dem Versuch, durch die Übernahme des Arierparagraphen vom 07. 04.1933 in die Kirchenverfassung Christen jüdischer Herkunft auszuschließen, lösten sie den Kirchenkampf mit anderen evangelischen Christen aus. Diese gründeten daraufhin 1934 die Bekennende Kirche, die die DC als Häretiker betrachtete und aus der Kirchengemeinschaft ausschloss.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Arierparagraph)
(http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_zur_Wiederherstellung_des_Berufsbeamtentums)
Die Vorläufer der DC-Ideologie waren verschiedene protestantische Gruppen im Kaiserreich, die völkisches, nationalistisches und rassistisches Gedankengut in das herkömmliche konfessionelle Christentum einbrachten, um dieses zu einer „arteigenen“ Volksreligion umzuformen. Sie fanden ihr Vorbild etwa in dem Berliner Hofprediger Adolf Stoecker, der Arbeiterschaft und christliches Kleinbürgertum in den 1880er Jahren gegen angeblich jüdische „Überfremdung“ zu positionieren versuchte und dazu auch parteipolitisch tätig wurde. (1878 gründete sich wesentlich auf Stoeckers Initiative die „Christlich-Soziale Arbeiterpartei“. 1881 wurde sie in „Christlich-Soziale Partei“ umbenannt.)
Der Flensburger Pastor Friedrich Andersen wurde durch Houston Stewart Chamberlain zum Rasse-Antisemiten und forderte seit 1904 die Abschaffung des Alten Testaments und „aller jüdischen Trübungen der reinen Jesuslehre“. In den dadurch ausgelösten Konflikten mit Kirchenbehörden berief er sich auf Adolf von Harnacks Buch über Marcion. Zum 400-jährigen Jubiläum der Reformation 1917 gaben Andersen, der Schriftsteller Adolf Bartels, der Kirchenrat Ernst Katzer und Hans von Wolzogen 95 Thesen heraus, um ein „Deutschchristentum auf evangelischer Grundlage“ zu begründen. Darin hieß es:
„Die neuere Rassenforschung endlich hat uns die Augen geöffnet für die verderblichen Wirkungen der Blutsmischung zwischen germanischen und nichtgermanischen Volksangehörigen und mahnt uns, mit allen Kräften dahin zu streben, unser Volkstum möglichst rein und in sich geschlossen zu halten.
Religion ist die innerste Kraft und feinste Blüte im geistigen Leben eines Volkes, kann aber nur in völkischer Ausprägung kulturkräftig wirken […] Eine innigere Verbindung zwischen Deutschtum und Christentum ist nur zu erreichen, wenn dieses aus der unnatürlichen Verbindung gelöst wird, in der es nach bloßem Herkommen mit der jüdischen Religion steht.“
Als die Nazis im April 1933 zum Boykott jüdischer Geschäfte, Arztpraxen und Rechtsanwaltskanzleien (http://de.wikipedia.org/wiki/Judenboykott) aufriefen, schwiegen sowohl die Repräsentanten der katholischen Kirche wie der evangelischen Kirchen in Deutschland.
Eine telegraphische Bitte der deutschen Juden an den Evangelischen Kirchenrat in Berlin und an die deutsche katholische Bischofskonferenz: „Die deutschen Juden erhoffen gegenüber den gegen sie gerichteten Bedrohungen ein baldiges Wort, das im Namen der Religion von der evangelischen (und der katholischen) Kirche gesprochen wird.“ blieb unbeantwortet.
Stattdessen äußerte sich Otto Debelius, der noch Anfang März 1933 seinen Pfarrern geschrieben hatte, die Kirche dürfe sich keiner Ideologie beugen, in einer im Rundfunk übertragenen Rede, die an die Protestanten in Amerika gerichtet war, sagte er,
„dass an den Schauernachrichten über grausame und blutige Behandlung der Kommunisten in Deutschland“ kein wahres Wort sei. Dann stellte er sich hinter den Boykott an den Juden. Es sei alles „in Ruhe und Ordnung“ verlaufen. Die Kirche „kann und darf den Staat nicht daran hindern, mit harten Maßregeln Ordnung zu schaffen“ (…) “Sie werden es erleben, dass das, was jetzt in Deutschland vor sich geht, zu einem Ziele führen wird, für das jeder dankbar sein kann, der deutsches Wesen liebt und ehrt.“
Selbst Martin Niemöller, den wir als einen exponierten Vertreter der Bekennenden Kirche kennen, hatte Verständnis dafür, die Juden auszugrenzen…, “weil die Deutschen unter dem Einfluss des jüdischen Volkes schwer zu tragen gehabt haben (…) so dass der Wunsch, von dieser Forderung, (gemeint ist die Gleichstellung von Christen und getauften Juden insbesondere in Ämtern innerhalb der evangelischen Kirche) dispensiert zu werden, begreiflich ist.“ Wer als Jude in der Kirche ein Amt habe, solle sich deshalb zurückhalten und keineswegs nach einer hervorgehobenen Position in der Kirche streben.
Als am 07.04.1933 das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums
in Kraft trat, äußerte sich der Vorsitzende des Gnadauer Verbandes, Pastor Walter Michaelis, in der Zeitschrift dieser pietistischen Gemeinschaft positiv zu solchen Diskriminierungen der Juden: (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bf/RGBL_I_1933_S_0175.png)
„Wenn ein Volk den Israeliten als Israeliten in seinen Rechten vom Deutschen unterscheidet, so haben wir von der Bibel aus keinen Einwand dagegen zu erheben. Ich finde vielmehr, es entspricht den Gedanken Gottes über dieses Volk.“
Bedenkenlos bezeichnete der Göttinger Theologieprofessor Georg Wobbermin den Arierparagraphen als „berechtigt“. An manchen Universitäten seien über die Hälfte der Privatdozenten Juden. Es gehe für den Staat darum, eine Notlage zu beseitigen.“
Am 13.November 1933 hatten sich die Deutschen Christen aus dem Groß-Gau Berlin zu einer Kundgebung im Sportpalast in Berlin versammelt.
Die Hauptrede hielt der Führer der Deutschen Christen in Berlin, Dr. Reinhold Krause, er forderte
„Die Vollendung der deutschen Reformation im Deutschen Reich. Die Führer der Deutschen Christen in den hohen Kirchenämtern müssten sich entscheiden, auf wessen Seite sie gehörten: Auf die Seite der alten autoritären Pastorenkirche mit ihren bekenntnismäßigen Bindungen oder auf die Seite der neuen deutschen Volkskirche. Wenn wir Nationalsozialisten uns schämen eine Krawatte vom Juden zu kaufen, dann müssten wir uns erst recht schämen, irgendetwas, das zu unserer Seele spricht, das innerste Religiöse, vom Juden anzunehmen. Wenn wir aus den Evangelien das herausnehmen, was zu unseren deutschen Herzen spricht, dann tritt das Wesentliche der Jesuslehre klar und leuchtend zutage, das sich –und darauf dürfen wir stolz sein- restlos deckt mit den Forderungen des National- sozialismus. Am Ende stimmte diese Versammlung mit einer Gegenstimme folgender Erklärung zu:
„Wir fordern, dass eine deutsche Volkskirche ernst macht mit der Verkündigung der von aller orientalischen Entstellung gereinigten schlichten Frohbotschaft und einer heldischen Jesus-Gestalt als Grundlage eines artgemäßen Christentums….Wir bekennen, dass der einzige wirkliche Gottesdienst für uns der Dienst an unseren Volksgenossen ist….“
Das war dann doch Zuviel. Der Pfarrernotbund forderte die Distanzierung von dieser Erklärung durch den Reichsbischof Ludwig Müller. (http://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrernotbund) (Vorgänger der Bekennenden Kirche)
Im Mai 1934 trafen sich in Wuppertal-Barmen 138 Vertreter lutherischer, reformierter und unierter Kirchen, zu einer „Bekenntnissynode“. Und veröffentlichten die sogenannte Barmer Erklärung,( http://de.wikipedia.org/wiki/Barmer_Theologische_Erkl%C3%A4rung) in der man sich gegen den Arierparagraphen und das Führerprinzip aussprach und den Führungsanspruch der Deutschen Christen in den Gremien der evangelischen Kirche ablehnte. Die Synode erklärt sich zur wahren evangelischen Kirche, da die Deutschen Christen Irrlehren verkündeten:
„Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne der Staat über seinen besonderen Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens werden und also auch die Bestimmung der Kirche erfüllen.“
Damit war die evangelische Kirche Deutschlands faktisch gespalten.
Welche Auswirkungen hatte nun diese Entwicklung auf Reichsebene im Werra-Meißner-Kreis?
Auch im Kirchenkreis Eschwege trieb die NS-Begeisterung in der evangelischen Kirche seltene Blüten. Das betraf besonders die Kirchengemeinden in
Röhrda und Datterode (Pfarrer Herwig jun.)
Wanfried (Pfarrer Eisenberg)
Grebendorf (Pfarrer Uffelmann)
und Niddawitzhausen (Pfarrer Herwig sen.)
Alle vier genannten Pfarrer standen der Bewegung der „Deutschen Christen“, einer nationalsozialistischen Gruppierung innerhalb des Protestantismus in Deutschland, nahe bzw. gehörten dieser Gruppierung an.
Ein Beispiel:
Die Kreisgruppe Eschwege des nationalsozialistischen Lehrerbundes traf sich am 13. August 1933 im Hessischen Hof. Der (NSDAP-)Kreisobmann Holzapfel, Neurode, bezeichnete das Deutschland der Weimarer Zeit als Sklave des internationalen Judentums. Demgegenüber stehe der Geist von Potsdam (Anmerkung: Die konstituierende Sitzung des Reichstages hatte am 21. März 1933 – dem sogenannten Tag von Potsdam – in der evangelischen Garnisonskirche in Potsdam stattgefunden): national, sozial und gerecht. „Dieser Geist wurde erst durch Adolf Hitler von dem Fluch des ewigen Schlafes befreit. Adolf Hitler bringt dem deutschen Volke seine völkische Einigkeit, Stärke, Zucht, Ordnung und soziale Gerechtigkeit“. Pfarrer Uffelmann sprach sodann über das Thema „Das Christentum im neuen Deutschland“, wobei er die Grundlinien des Gedankenguts der „Deutschen Christen“ aufzeigte. (Quelle: Eschweger Tageblatt vom 15.08.1933; zitiert nach Eschweger Geschichtsblätter Heft 6, Seite 49 rechts unten).
Kreispfarrer Rudolf Clermont schrieb ein Jahr nach seiner Pensionierung zum 1. Mai 1937 unter dem Datum vom 28.Mai 1938 in der Chronik der Neustädter Kirche zu Eschwege u.a.: „Über die seit 1933 eingetretene Wandlung jetzt schon zu berichten, wird sich nicht empfehlen; dazu sind die Angelegenheiten, die das kirchliche Leben betreffen, noch zu sehr im Fluß. Übrigens haben die Eschweger Kirchengemeinden in der Zeit seit 1933 bis zu meinem Abgang = 1.Mai 1937, keine besonderen Ereignisse oder Erschütterungen zu verzeichnen gehabt. Im Ganzen ist es in der Stadt Eschwege ruhig zugegangen. Auch Spaltungen sind bis dahin nicht eingetreten. – Anders dagegen steht es im Kirchenkreis Eschwege. Hier wäre viel zu berichten über Röhrda und Datterode, wo die Versammlung der „Deutschen Christen“ mit all ihren Folgen stattfand zur Zeit, als Pfr. Theys „Landesbischof“ war, ferner über Reichensachsen, dessen Pfarrer ins Gefängnis nach Eschwege gebracht wurde. Die Unruhen in Schwebda wären zu schildern zur Zeit von Pfarrer Wittekindt und nach seiner Versetzung. Die Pfarreiübergabe von Wanfried bei Versetzung von Pfarrer Rose mit ihren dramatischen Einzelheiten darf der Nachwelt nicht vorenthalten werden, auch nicht die Auseinandersetzung zwischen Kirchenvorstand und Pfarrer Herwig in Niddawitzhausen, sodann die Auflehnung des Vikars Herwig in Datterode gegen das Landeskirchenamt, das mit seiner Entlassung endete. – Auch des Gegenkreispfarrers Uffelmann in Grebendorf wäre zu gedenken, der, noch nicht lange früh verstorbene, mir immer bedauernswert erschien und sich wohl in den kirchlichen Kämpfen aufgerieben hat.- Aber das sind alles Dinge, die den Kirchenkreis, nicht die Neustädter Gemeinde angehen.-….“
Aus den Eschweger Geschichtsblättern, Heft 6, zum Streit zwischen Kreuz und Hakenkreuz in der Evangelischen Kirchengemeinde in Wanfried:
Der Kirchenstreit in Wanfried
Im August 1935 wurde das Kirchspiel Wanfried vakant. Der bisherige Stelleninhaber, Pfarrer Friedrich Rose, hatte zum 15.08.1935 eine Pfarrstelle in Großenritte angenommen. Kreispfarrer Clermont (Eschwege) erhielt am 5. August 1935 von der „Einstweiligen Kirchenleitung“ (Der Bekennenden Kirche) den Auftrag, die Pfarrei an den Hilfspfarrer Müller, Allendorf, zu übergeben, der Wanfried ab dem 1. August versehen sollte. Zu diesem Zeitpunkt waren offenbar die kirchenpolitischen Verhältnisse in Wanfried klar: Die Gemeinde unterstand der legalen „Einstwilligen Kirchenleitung“ (Der Bekennenden Kirche). So berief der Kreispfarrer (Clermont, Eschwege) in Wanfried eine Kirchenvorstandssitzung zum 6. August 1935 ein, auf der die Pfarrübergabe stattfinden sollte. Das jedoch war nicht möglich. Die Gründe dafür nennt die Verhandlungsniederschrift, aus der wir zitieren:
„(…) Die Sitzung hatte kein Ergebnis. Beim Eintritt in die Verhandlungen erklärte der stellvertretende Vorsitzende Fritz Rehbein: Wir lehnen eine Übergabe an den Kreispfarrer Clermont ab. Der Ortsgruppenleiter (der NSDAP) und Kreisbauernführer Fritz Walter (https://www.google.de/#q=Fritz+Walter+Wanfried) hat uns auf die Parteidisziplin hingewiesen und gedroht, jedes Parteimitglied vor das Parteigericht zu stellen, das es wagen würde, dem Kreispfarrer Clermont (Bekennende Kirche) die Pfarrei zu übergeben und sich nicht dem kommissarischen Kreispfarrer Uffelmann (Grebendorf; Deutsche Christen) zu unterstellen. Es wurde dem Kreispfarrer anheimgegeben, sich mit dem (NSDAP) Kreisleiter auseinanderzusetzen. Sämtliche Kirchenvorstandmitglieder verließen das Zimmer, so dass ein Verhandeln nicht mehr möglich war. Die Übergabe konnte deshalb nicht stattfinden. Kreispfarrer Clermont und Pfarrer Rose hatten nicht unterlassen, ihren entschiedenen Widerspruch gegen den parteipolitischen Eingriff zu äußern (…)“
Wir hatten bei der Besprechung des Kirchenstreits in Schwebda-Frieda darauf aufmerksam gemacht: Bei der letzten Kirchenvorstandswahl 1933 waren die Kirchenvorstände mit solchen Mitgliedern überfremdet worden, deren Loyalität nicht bei der Kirche, sondern bei der Partei (NSDAP) lag. Die Konsequenzen dieses Sachverhalts sehen wir bei der Pfarreiübergabe in Wanfried.
Natürlich musste Clermont über die fehlgeschlagene Sitzung an die Kirchenleitung berichten. Das tat er am 07. August 1935 In diesem Bericht werden die Hintergründe noch ein wenig deutlicher.
Clermont berichtet:
„ (…) Die Mitglieder des Kirchenvorstands, die Parteigenossen (der NSDAP) sind erschienen erst gegen ½ 9 Uhr. Von ihrer Seite wurde erklärt, der Ortsgruppenleiter (der NSDAP) Walter habe sie vor der Kirchenvorstandssitzung zu sich gefordert und hierbei gesagt, der Führer habe den Reichsbischof (Müller der Deutschen Christen) eingesetzt und dieser wiederum die kommissarische Kirchenregierung (der Deutschen Christen) in Kassel, und wer als Parteigenosse sich nicht der kommissarischen Kirchenleitung anschließe, handle gegen den Befehl des Führers. Wer für die E.K.L. (Einstweilige Kirchenleitung der Bekennenden Kirche) stimme, werde aus der Partei ausgeschlossen (…)“
Clermont bat in diesem Bericht die Kirchenleitung, auch bei den „dafür in Frage kommenden Stellen“ in Kassel Einspruch zu erheben. Ebenfalls am 07. August 1935 legte Clermont auch beim Kreisleiter (der NSDAP) telefonisch Beschwerde ein. Der verwies ihn an seinen Stellvertreter, fügte aber hinzu, er, der Kreisleiter, „griffe nicht in den Kirchenstreit, auch nicht persönlich, ein.“ Das kann nach Lage der Dinge nur heißen: „Ich persönlich halte mich aus diesen Dingen heraus. Also werde ich auch dem Parteigenossen Walter keinen Vorwurf machen.“
Die einstweilige Kirchenleitung der Bekennenden Kirche in Kassel rügte bei der Staatspolizei in Kassel das Verhalten des Ortsgruppenleiters der NSDAP in Wanfried, Walter, heftig. Und forderte dazu auf, parteipolitische Beeinflussungen kirchenpolitischer Belange zu unterlassen. Ob die Staatspolizei auf diese Rüge reagierte, ist nicht bekannt.
Dem Kreisbauernführer Fritz Walter kam aber nicht nur bei der Kirchenvorstandswahl der evangelischen Kirchengemeinde in Wanfried eine Schlüsselrolle zu.
Anna Maria Zimmer schreibt in ihrem Buch „Juden in Eschwege – Entwicklung und Zerstörung der jüdischen Gemeinde“, dass im Werra-Meißner-Kreis Vertreter der Landwirtschaft einen maßgeblichen Einfluss im Zusammenhang mit der Machtergreifung der NSDAP in Eschwege und Umgebung ausübten:
Zitat: „Schließlich war es ein `offenes Geheimnis` in Eschwege, dass der glühende Nationalsozialist Eduard Weiß, der 1923 als Beauftragter der Landwirtschaftskammer nach Eschwege kam und durch seine Tätigkeit z.B. Beteiligung an der Gründung der Molkereigenossenschaft und Viehverwertungsgesellschaft viel mit Landwirten zu tun hatte, auf Veranstaltungen gegen die Juden, die Kommunisten und die Sozis (Sozialdemokraten) herzog. Er wurde bald Kreispropagandaleiter und als Nachfolger von Kreisleiter Adam wenige Jahre später Kreisleiter der NSDAP.
Zur NSDAP machte Eduard Weiß in einem Interview 1981 interessante Angaben: „…Nach seinem Kenntnisstand ist die NSDAP erst nach 1928 in Eschwege in Erscheinung getreten, nachdem sie schon auf dem umliegenden Land Fuß gefasst hatte. Er hält es in diesem Zusammenhang für möglich, dass über die bereits bestehende Ortsgruppe der NSDAP in Wanfried die Tätigkeit der NSDAP in Eschwege ihren Anfang nahm. In Wanfried war es insbesondere der damalige Ortsgruppenleiter und Kreisbauernführer (Anmerkung des Verfassers: Fritz Walter), der der NSDAP auch auf Kreisebene fördernd zur Seite stand. Die Bauern erwiesen sich als besonders empfänglich für die Propaganda, weil sie dem nationalen Programm der NSDAP Glauben schenkten und von ihm eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Notlage erwarteten. Nach Meinung von Eduard Weiß wurde die NSDAP in erster Linie von Landwirten, den Geschäftsleuten und den Arbeitern gewählt. Mitglieder seien oft Landwirte, Lehrer, Inhaber von Geschäften, Angestellte und Arbeiter gewesen.
Beeindruckende Berichte (aufgezeichnet in dem Buch „Die Geschichte der Kurhessischen SA“, Herausgeber: SA-Brigade Kassel, 1935) aus den sogenannten „Kampfjahren“ 1928 bis 1932 zeigen, dass sich ebenso wie im ganzen Deutschen Reich auch in Nordhessen fast nur die Sozialisten und die Kommunisten gegen die braune Gefahr vehement zur Wehr gesetzt haben. Da ein Großteil dieser Berichte immer aus der Sicht der SA geschrieben ist, sind Kommunisten und SPDisten [Originalausdruck] immer die Angreifer und holen sich „blutige Köpfe“, manchmal gibt es auch Schwerverletzte und Tote, zum Bedauern der SA aber auch auf ihrer Seite. Aber bald, ab Sommer 1931, (zitiert nach dem oben angegebenen Buch) gab es auch „tüchtige SA-Ärzte“, z.B. Dr. Wagner aus Wanfried, Kreis Eschwege, der die SA-Verletzten versorgte.
„Bei den Prozessen (wegen der Schlägereien) wurden die Parteigenossen (der NSDAP) und Mitglieder der SA selbstverständlich vom Parteigenossen Dr. Roland Freisler (aus Kassel) vertreten“ heißt es in den Berichten des bereits genannten Kasseler SA-Buches. Freisler war später der berüchtigte Vorsitzende des „Volksgerichtshofs“, der z.B. die Widerstandskämpfer vom 20. Juli 1944 oder die Geschwister Scholl gar nicht zu Wort kommen ließ, sondern sie niederbrüllte und zum Tode verurteilte.
Nach der Machtergreifung setzte auch in Eschwege eine Verfolgung der Juden, der Kommunisten und Sozialisten ein, wie die Berichte und Notizen im Eschweger Tageblatt des Jahres 1933 beweisen.
Die SPD-Ortsgruppe im Kreis und in der Stadt Eschwege wurden aufgelöst und bei der feierlichen Eröffnung des Eschweger Kreistages am 8. April 1933 sprach der Abgeordnete Eduard Weiß (NSDAP-Mitglied und späterer Kreisleiter) in einer längeren Ausführung: „…zum ersten Mal seit den verruchten Novembertagen 1918 (Abdankung des deutschen Kaisers und Ausrufung der Weimarer-Republik) ist ein Kreistag zusammen, ohne dass die Parteien teilnehmen, die das Volk in Not und Elend geführt haben.“ (Soweit der Zeitungsbericht des Eschweger Tageblattes über die Eröffnung des judenfreien, Kommunisten-freien und SPD-freien Kreistages in Eschwege vom 08. April 1933.
Bericht des Eschweger Tageblatts über die
„Feierliche Eröffnung des Eschweger Kreistages am 08. April 1933“
Der am 12. März neugewählte Kreistag trat am Sonnabend zu seiner ersten Sitzung zusammen. Die Fraktion der NSDAP wurde von der SA mit Fahnen unter schneidiger Marschmusik zum Landratsamt geleitet. Von dem Schloß flatterten die Fahnen; im Sitzungssaal hatten hinter dem Tisch des Landrats drei Gruppen mit Hakenkreuzfahnen Aufstellung genommen. Von den Wänden her grüßten die großen Bilder des Reichspräsidenten von Hindenburg und des Reichskanzlers Adolf Hitler. Die Plätze nahm fast allein die nationalsozialistische Fraktion ein, die mit 18 (75 %) Abgeordneten die absolute Mehrheit des 24 Abgeordnete umfassenden Kreistages hat. Anwesend waren neben 12 nationalsozialistischen Abgeordneten nur noch der eine Abgeordnete der Liste Bauer und Bürger. Von den 8 sozialdemokratischen Abgeordneten, von denen inzwischen 5 ihr Amt niedergelegt hatten, war niemand erschienen, ebenso fehlten die Kommunisten, auf die 2 Sitze entfallen waren.
Der Vorsitzende, Landrat Dr. Deichmann eröffnete die Sitzung und führte u.a. aus, dass die nationale Wiedergeburt Deutschlands auch im Kreistag seinen Ausdruck gefunden habe. Er begrüßte die Abgeordneten als Männer, die das Vertrauen des Kreises haben und ihrer Einstellung nach Gewähr dafür geben, dass sie in Übereinstimmung mit der Arbeit der Reichsregierung an die Beseitigung aller Notstände tatkräftig herangehen. Die Lage des Kreises sei jetzt nicht mehr als so bedrohlich anzusehen, wie im Sommer vorigen Jahres. Es bedürfe aber ernster Arbeit der Abgeordneten, den richtigen Ausgleich für alle Erfordernisse zum Wohle des Kreises zu finden. Die Voraussetzungen für einen Erfolg wären gegeben durch die Aufgaben, die sich die Reichsregierung gestellt hat. Hierauf verpflichtet der Landrat die Abgeordneten durch Handschlag.
Es wurde festgestellt, dass Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl nicht eingegangen sind; die Wahl wurde einstimmig für gültig erklärt.
Abgeordneter Eduard Weiß nahm das Wort zu längeren Ausführungen über die dem neuen Kreistag bevorstehenden Aufgaben. Zum ersten Mal seit den verruchten Novembertagen 1918 sei ein Kreistag zusammen, ohne dass die Parteien teilnähmen, die das Volk in Not und Elend geführt hätten. Die letzte Woche habe eindeutig gezeigt, dass die Landbevölkerung sich hinter den Nationalsozialismus gestellt und zur Arbeit der ihn vertretenden Männer Vertrauen habe. Marxistische Misswirtschaft in den letzten 14 Jahren sei der Grund für die jetzige große Not und auch hier habe es ein marxistischer Landrat nicht verstanden, die Finanzen zu ordnen. Dank der außergewöhnlichen Arbeitskraft und bescheidenster Lebensweise der Landbevölkerung sei es den Marxisten nicht gelungen, die Substanzen restlos zu verzehren. Die Nationalsozialisten würden sich nun des Vertrauens der Landbewohner würdig zeigen und sich für deren Wohl und Wehe einsetzen. Es würde gründlich aufgeräumt werden, in Verwaltung und Gemeinden, überall würde reiner Tisch gemacht. Gewahrt würden künftig keine Sonderinteressen, sondern nur die Gesamtinteressen des gesamten Kreises. Im Vordergrund sollen künftig mehr ehrenamtliche Tätigkeit und äußerste Sparsamkeit in der Verwaltung stehen. Zu dem Landrat Dr. Deichmann habe man Vertrauen, und mit ihm solle bis zum völligen Siege gearbeitet werden. Gedacht werden solle auch eines Mannes, der vor dem Krieg segensreiche Arbeit unter nationalem Wollen geleistet habe, Landrat von Keudell. (http://keudelstein.de/hauptseite/gestalten/alexander_von_keudell/)
Man würde gern auf Ratschläge der Alten zurückgreifen, aber ihnen, den Jungen, sei die Tat. Sie würden handeln nach den Grundsätzen ihres Führers in dem Bestreben, dass nach 4 Jahren der Bauer wieder auf rentable Betriebe blicken kann, der Arbeiter wieder verdiene und es mit der Sanierung dieser beiden großen Schichten, es auch dem gesamten Volke wieder besser gehen werde. Zum Schluss gedachte der Redner der Gefallenen des Weltkrieges und der toten Kammeraden der letzten Jahre, zu deren Gedenken man sich von den Plätzen erhob. Die nun vorgenommenen Wahlen der Kommissionen hatten folgendes Ergebnis:
(Anmerkung: Alle genannten Gewählten gehörten der NSDAP an!)
Kreisausschuß:
Eduard Weiß, Diplomlandwirt, Eschwege; Bothmer Israel (später Kalden), Fabrikant, Wanfried; Otto Schülbe, Eisenbahnarbeiter, Eschwege; August Hohmann, Landwirt, Lüderbach; Karl Vetter, Landwirt, Wanfried;
Stellvertreter:
August Diegel, Landwirt, Gehau; Erich Döhle, Fabrikant, Eschwege; Rudolf von Keudell, Landwirt, Schwebda, (Anmerkung: Ältester Sohn des ehemaligen Landrates von Eschwege, Alexander von Keudel; Schwebda; Christoph Otto, Zimmermeister, Reichensachsen; Dr. Kurt Ramm, praktischer Arzt, Waldkappel; Heinrich Schindewolf, Landwirt, Wolfterode;
Kreisdeputierte:
Eduard Weiß, Diplomlandwirt, Eschwege; Dr. Hans Moesch, Regierungsrat, Eschwege
Finanzausschuss und Rechnungsprüfungsausschuss
Dr. Hans Moesch, Regierungsrat, Eschwege; Karl Walter, Landwirt, Reichensachsen; Erich Döhle, Fabrikant, Eschwege;
Kassenprüfungskommission:
Dr. Hans Moesch, Regierungsrat, Eschwege; Ferdinand Sohrbeck (?), Oberrentmeister, Eschwege;
Landwirtschaftlicher Ausschuß:
Rudolf von Keudell, Landwirt, Schwebda; Wilhelm Baum, Landwirt, Herleshausen; August Diegel, Landwirt, Gehau; (4) vorbehalten für den Direktor der Landwirtschaftsschule (der in einiger Zeit ein anderer als der jetzige sein wird.)
Stellvertreter:
Elmar von Eschwege, Landwirt, Aue; Theodor Bode, Landwirt, Kirchhosbach; Heinrich Schindewolf, Landwirt, Wolfterode; Reinhard Schmolling, Lanwirtschaftslehrer, Eschwege
Baukommission:
Karl Fehr, Bürgermeister, Herleshausen; Elmar von Eschwege, Landwirt, Aue; Arthur Israel (später Kalden) Fabrikant, Wanfried; Eduard Weiß, Diplomlandwirt, Eschwege; Dr. Karl Ramm, praktischer Arzt, Waldkappel;
Jugendamt:
Erich (?) Wittmann, Lehrer, Hitzelrode; Cäcilie Butzi (?), Lehrerin, Wanfried
Stellvertreter:
Willy Jäger, Lehrer, Eschwege; Frl. Bähr, Lehrerin, Eschwege;
Sparkassenvorstand:
Karl Walter, Landwirt, Reichensachsen; Wilhelm Gastorf (?); Stellmacher, Wanfried;
Ortskuratorium der Landwirtschaftsschule:
Karl Vetter, Landwirt, Wanfried; Rudolf von Keudell, Landwirt, Schwebda;
Schiedsmänner für die Bezirke:
Abterode:
Landwirt und Bürgermeister Eduard Stemm; Stellvertreter: Heinrich Weißbinder, Hupfeld, Abterode;
Burghofen:
Bürgermeister Wetzel, Burghofen; Stellvertreter: Bürgermeister und Landwirt Diegel, Gehau;
Germerode:
Landwirt Albert Heinemann, Germerode; Stellvertreter: Gast- und Landwirt Georg Sippel, Germerode;
Röhrda:
Bürgermeister und Landwirt Wilhelm Achler, Röhrda; Stellvertreter: Landwirt Heinrich Iffert, Röhrda;
Weißenborn:
Bürgermeister und Landwirt Franke, Rambach;
Wichmannshausen:
Bürgermeister und Landwirt Friedrich Oehler, Wichmannshausen; Stellvertreter: Schreinermeister Jakob Meister, Wichmanshausen;
Netra:
Landwirt Friedrich Roth, Netra; Stellvertreter: Kanzleisekretär a.D. Heinrich Eisenträger, Netra;
Bischhausen:
Stellvertreter: Landwirt Otto Frank, Heldra
Vertrauensmänner zur Auswahl der Schöffen und Geschworenen:
Amtsgerichtsbezirk Eschwege:
Eduard Weiß, Diplomlandwirt, Eschwege; Karl Vetter, Landwirt, Wanfried; Dr. Kurt Ramm, prakt. Arzt, Waldkappel; Karl Reith, Landwirt, Renda; Albert Heinemann, Bürgermeister, Germerode; Hans Schade, Landwirt, Reichensachsen; Friedrich Rienstedten, Vorsteher, Eltmannshausen;
Amtsgerichtsbezirk Sontra:
Karl Bommhardt, Landwirt, Stadthosbach; Richard Schneider, Metzger, Herleshausen; Sauer, Landwirt, Wommen;
Amtsgerichtsbezirk Sooden:
Heinrich Schindewolf, Landwirt, Wolfterode;
Amtsgerichtsbezirk Spangenberg:
August Diegel, Bürgermeister, Gehau; Adam Walper, Bürgermeister, Schemmern;
Zum letzten Punkt der Tagesordnung führt Abgeordneter Weiß aus; daß in den letzten Jahren in einer Reihe von Gemeinden erhebliche Verfehlungen vorgekommen seien. Es werde die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen und zu dessen Mitgliedern einstimmig gewählt:
Dipl. Landwirt Eduard Weiß, Eschwege; Rechtsanwalt Schamberg, Eschwege; Rechtsanwalt Dr. Rüggeberg, Eschwege; Studienassessor Müller, Wanfried.
Landrat Dr. Deichmann schloss die Sitzung gegen 11 Uhr mit den Worten, dass nun die Bahn zum Beginn der Arbeit frei sei und sogleich die sachlichen Arbeiten beginnen würden. Die Nationalsozialisten brachten ihr „Sieg Heil“ auf das deutsche Volk und Reichskanzler Adolf Hitler aus.
Die evangelische Kirche im Kirchenkreis Eschwege schreckte selbst vor Arisierungen nicht zurück:
An dem Haus An den Anlagen 14a (in Eschwege) wurde im September 2012 eine Gedenktafel angebracht, die an die besondere Geschichte dieses Hauses, in dem heute das Kirchenkreisamt für die Kirchenkreise Eschwege und Witzenhausen (ehemals Kirchliches Rentamt) sowie die Evangelische Familienbildungsstätte ihren Sitz haben, erinnern soll. Pfr. i.R. Heinrich Mihr war vor einiger Zeit auf die lange Zeit vergessene Geschichte dieses Hauses gestoßen, das 1889 von Sanitätsrat Dr. Moritz Stern als Fachwerkbau im Gründerzeitstil erbaut wurde. Bis zum Jahr 1911 betrieb der Erbauer in diesem Haus, in dem er mit seiner Familie auch wohnte, eine Arztpraxis, die im selben Jahr sein Sohn Dr. Carl Stern (http://www.stolpersteine-hamburg.de/index.php?&MAIN_ID=7&p=187&BIO_ID=762) übernahm.
Im März 1933 gab Dr. Carl Stern die Praxis auf. Auf Grund von Anfeindungen Eschweger Nationalsozialisten gegen jüdische Mitbürger waren für ihn ein geregelter Praxisbetrieb sowie ein normales Familienleben nicht mehr möglich. Zusammen mit seiner Familie verzog er nach Hamburg. Falsche Anschuldigungen aus Eschwege veranlassten ihn dort im Februar 1935 zum Freitod.
Im September 1937, also genau vor 75 Jahren, kaufte der Gesamtverband der Evangelischen Kirchengemeinden in Eschwege dieses Haus von den Nachfahren des Dr. Moritz Stern zu einem Preis von 30.000 Reichsmark. Dieser Kauf geschah im Zuge der vom Nationalsozialismus begünstigten Übernahme jüdischen Eigentums durch nicht-jüdische Personen oder Einrichtungen.
Unter der Federführung des bisherigen Vorsitzenden des Eschweger Gesamtverbandes, Pfr. Stephan Bretschneider, wurde nun in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Eschwege die Gedenktafel entworfen und heute schließlich angebracht. Bei der Anbringung anwesend waren neben den bereits Genannten auch Irma Bender (Leiterin der Ev. Familienbildungsstätte), Andreas Koch (Leiter des Kirchenkreisamtes), Dekan Dr. Arnold sowie Pfr. Christoph Dühr, der zum 1.9. den Vorsitz im Gesamtverband Eschwege übernommen hat.
Die Solidarisierung maßgeblicher Vertreter der evangelischen Kirche –insbesonder der Deutschen Christen- mit der Ideologie der Nationalsozialisten in der Region Hessen/Thüringen gipfelte in den Rechtfertigungen des Thüringischen Landesbischofs aus Eisenach, Martin Sasse, zur Reichsprogromnacht vom 09. Auf den 10. November 1938.
In seinem Vorwort der 1938 aufgelegten Schrift „Martin Luther über die Juden: Weg mit Ihnen!“ schreibt der evangelische Landesbischof, Martin Sasse, aus Eisenach am 23. November 1938, 13 Tage nachdem die Nazis die Synagogen angezündet hatten:
„Am 10. November 1938, an Luthers Geburtstag, brennen in Deutschland die Synagogen. Vom deutschen Volke wird zur Sühne für die Ermordung des Gesandtschaftsrates vom Rath durch Judenhand die Macht der Juden auf wirtschaftlichem Gebiete im neuen Deutschland endgültig gebrochen und damit der gottgesegnete Kampf des Führers zur völligen Befreiung unseres Volkes gekrönt.
Der Weltkatholizismus und der Oxford-Weltprotestantismus erheben zusammen mit den westlichen Demokratien ihre Stimmen als Judenschutzherren gegen die Judengegnerschaft des Dritten Reiches.
In dieser Stunde muß die Stimme des Mannes gehört werden, der als der Deutschen Prophet im 16. Jahrhundert aus Unkenntnis einst als Freund der Juden begann, der, getrieben von seinem Gewissen, getrieben von den Erfahrungen und der Wirklichkeit, der größte Antisemit seiner Zeit geworden ist, der Warner seines Volkes wider die Juden.
In dieser Schrift soll nur Luther mit seinen eigenen Worten zu uns reden. Seine Stimme ist auch heute noch gewaltiger als das armselige Wort gottferner und volksfremder internationaler Judengenossen und Schriftgelehrter, die nichts mehr wissen von Luthers Werk und willen.
Wartburgstadt Eisenach, den 23. November 1938.
Martin Sasse“
Quellen: http://www.digam.net/?dok=8498
http://www.digam.net/dokument.php?ID=8499&PHPSESSID=65c2bf7267f3f057c3ca39534b44ffcb
http://www.sgipt.org/sonstig/metaph/luther/judens.htm#Sasse, Martin (1938, Hrsg.).
Es folgen dann ausschließlich Lutherzitate aus seiner Schrift von 1543 „Von den Juden und ihren Lügen“ von denen ich hier nur einen Auszug wiedergeben möchte:
Was wollen wir Christen nun mit diesem verworfenen und verdammten Volk der Juden? Zu ertragen ist es nicht, nachdem sie bei uns sind, und wir solch Lügen, Lästern und Fluchen von ihnen wissen. … Sonst machen wir uns teilhaftig aller ihrer Lügen, Fluchen und Lästerung. … Wir müssen mit Gebet und Gottesfurcht eine scharfe Barmherzigkeit üben. … Ich will meinen treuen Rat geben: (W. 53, S. 522)
1. daß man ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecke und, was nicht verbrennen will, mit Erde überhäufe und beschütte, daß kein Mensch einen Stein und Schlacke davon sehe ewiglich. Und solches soll man tun unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, daß wir Christen sind und solch öffentliches Lügen, Fluchen und Lästern seines Sohnes und seiner Christen wissentlich nicht geduldet noch gebilligt haben. Denn was wir bisher aus Unwissenheit geduldet (ich habs selbst nicht gewußt), wird uns Gott verzeihen. Nun wir’s aber wissen und sollten dennoch, frei vor unserer Nasen, den Juden ein solch Haus schützen und schirmen, in dem sie Christum und uns belügen, lästern, fluchen, anspeienund schänden, das wäre ebensoviel, als täten wir es selbst; (W. 53, S. 523)
2. daß man auch ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre. Denn sie treiben eben das» selbige darin, was sie in ihren Schulen treiben. Dafür mag man sie etwa unter ein Dach oder einen Stall tun wie die Zigeuner, damit sie wissen, sie seien nicht Herren in unserem Lande, wie sie sich rühmen, son-dern in der Fremde und gefangen
3. daß man ihnen nehme alle ihre Gebetbuchlein und Talmudisten, darin solche Abgötterei, Fluch und Lästerung gelehrt wird;
4. daß man ihren Rabbinern bei Leib und Leben verbiete, hinfort zu lehren;
5. daß man den Juden das Geleit und die Straße ganz und gar aufgebe. Denn sie haben nichts auf dem Lande zu schaffen. Sie sollen daheim bleiben … Werdet ihr Für. sten und Herren solchen Wucherern nicht ordentlicher weise die Straßen verbieten, so möchte sich ein. mal eine Reiterei sammeln wider sie, weil sie aus diesem Büchlein lernen werden, was die Juden sind, und wie man mit ihnen umgehen und ihr Wesen nicht schützen soll;
6. daß man ihnen den Wucher verbiete und nehme ihnen allen Barschaft und KIeinod von Silber und Gold. … Denn alles, was sie haben, haben sie uns gestohlen und geraubt durch ihren Wucher;
7. daß man den jungen, starken Juden und Jüdinnen in die Hand gebe Flegel, Axt, Rarst,. Spaten, Rocken, Spin-del und lasse sie ihr Brot verdienen im Schweiße ihrer Nasen. … Denn es taugt nicht, daß sie uns verfluchte Gojim im Schweiße unseres An-gesichts wollen arbeiten lassen und sie, die heiligen Leute, wollten hinter dem Ofen mit faulen Tagen feisten (d. h. verzehren)
Gründung des Entjudungsinstituts in Eisenach:
Die Hitlerhörigkeit in Theologie und Kirche treibt seit 1933 böse Früchte und führt 1939 zum
Entjudungsinstitut in Eisenach der evangelischen Kirche (DC)
Seit Anfang 1938 forcierten deutsch-christliche Kirchenführer die Durchsetzung ihrer Richtlinien und gründeten dazu im Februar auf der Wartburg einen akademischen Bund für deutsches Christentum. Dabei wurde auch die Gründung eines antisemitischen Instituts zur „Entjudung der Kirche“ beraten. Der Vorschlag dazu kam von dem thüringischen Landessuperintendenten Hugo Pich. Seine Forderungen wurden am 15. November 1938 – eine Woche nach den Novemberpogromen – an alle Landesbischöfe weitergereicht; am 21. November antwortete der evangelische Theologe Walter Grundmann darauf mit der konkreten Planung einer „Zentralabteilung zur Entjudung des religiösen und kirchlichen Lebens“. Denn die „Judenfrage“ sei nun in ihr „akutestes Stadium“ getreten; die Kirchen müssten die Trennung von allem Jüdischen nun konsequent in allen ihren Tätigkeitsbereichen vollziehen. Die Zentralabteilung sollte daher drei
Bereiche abdecken:
• ein Forschungsinstitut in Jena, das eine wissenschaftliche Zeitschrift herausgeben sollte
• eine Bibelgesellschaft, die eine „entjudete Volksbibel“ vorbereiten und herausgeben sollte
• eine Schule zur Fortbildung für Pfarrer, Lehrer und Kirchenvertreter, die ihnen die neuesten Erkenntnisse der anderen beiden Abteilungen vermitteln sollte.
Die Evangelische Kirche sollte dieses Institut in ständiger enger Abstimmung mit dem Reichspropagandaministerium, dem Reichskirchenministerium, dem Reichserziehungs-ministerium, der Reichsleitung der NSDAP und dem Gauleiter Julius Streicher einrichten.
Nach weiteren Beratungen und mit der Unterstützung von 11 von insgesamt 28 evangelischen Landeskirchen im damaligen deutschen Reich wurde das Institut am 6. Mai 1939 auf der Wartburg gegründet. Leiter war der Oberregierungsrat Siegfried Leffler; Der evangelische Theologe Walter Grundmann wurde zum akademischen Direktor ernannt. In seiner Eröffnungsrede verglich er die Aufgabe mit der Reformation: Wie Martin Luther den internationalistischen Katholizismus habe überwinden müssen, so müsse der Protestantismus heute das Judentum überwinden, um Jesu wahre Botschaft zu verstehen. Dessen geistige Elemente versperrten den Deutschen den Zugang zur Bibel. So wie Hitler ein „judenreines“ Deutschland wolle, so wolle man ihm mit einem „judenreinen“ Christentum zur Seite stehen. Das Institut wurde aber entgegen Grundmanns Plan nicht an der Universität Jena, sondern in Eisenach errichtet. Träger war die Nationalkirchliche Vereinung Deutsche Christen, die 11 von 28 evangelische Landeskirchen finanzierten.
Das Institut stand in enger Beziehung zu anderen wissenschaftlichen Einrichtungen, die sich der Gegnerforschung für die rassistisch orientierte NS-Politik widmeten, so das Reichsinstitut für die Geschichte des Neuen Deutschland mit einer Abteilung Judenforschung, in der der Tübinger Neutestamentler Gerhard Kittel und der spätere Heidelberger Neutestamentler und Qumranforscher Karl-Georg Kuhn antisemitisch tätig waren, und das Institut zur Erforschung der Judenfrage in Frankfurt. Grundmanns Institut verstand sich als Teil dieses wissenschaftlichen Engagements („Kampfes“) auf explizit rassistisch-biologistischer Grundlage. So formuliert Grundmann in seiner theologischen Programmschrift, gedruckt unter dem Titel Völkische Theologie:
„Völkische Theologie unterscheidet sich darin von der bisherigen Theologie, dass sie nicht anders denken kann und will, als von der Grundlage einer völkisch-politischen Anthropologie aus. … Völkisch-politische Anthropologie aber sieht den Menschen als organisch-gliedhafte
Einheit, organische Einheit nach Leib und Seele, bestimmt durch seine Rasse; gliedhaft als eingeordnet in die übergreifende Einheit des Volkes.“
Landesbischöfe stellen sich sogar hinter die Judenverfolgung der Nazis:
Kaum bekannt ist, dass die evangelischen Landesbischöfe und Landeskirchenpräsidenten von Sachsen, Hessen-Nassau, Mecklenburg, Schleswig-Holstein, Anhalt, Thüringen und Lübeck am 17.12.1941 sich mit folgender Erklärung eindeutig hinter das nationalsozialistische Programm der Judenverfolgung stellten:
»Die nationalsozialistische deutsche Führung hat mit zahlreichen Dokumenten unwiderleglich bewiesen, dass dieser Krieg in seinen weltweiten Ausmaßen von den Juden angezettelt ist. Als Glieder der deutschen Volksgemeinschaft stehen die unterzeichneten deutschen Evangelischen Landeskirchen und Kirchenleiter in der Front dieses historischen Abwehrkampfes, der unter anderem die Reichspolizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden als der geborenen Welt- und Reichsfeinde notwendig gemacht hat. Schon Dr. Martin Luther erhob nach bitteren Erfahrungen die Forderung, schärfste Maßnahmen gegen die Juden zu ergreifen und sie aus deutschen Landen auszuweisen. Von der Kreuzigung Christi bis zum heutigen Tage haben die Juden das Christentum bekämpft oder zur Erreichung ihrer eigennützigen Ziele missbraucht oder verfälscht. Durch die christliche Taufe wird an der rassischen Eigenart des Juden, seiner Volkszugehörigkeit und seinem biologischen Sein nichts geändert. Eine deutsche evangelische Kirche hat das religiöse Leben deutscher Volksgenossen zu pflegen und zu fördern. Rassejüdische Christen haben in ihr keinen Raum und kein Recht. Die unterzeichneten deutschen Evangelischen Kirchen und Kirchenleiter haben deshalb jegliche Gemeinschaft mit Judenchristen aufgehoben. Sie sind entschlossen, keinerlei Einflüsse jüdischen Geistes auf das deutsche religiöse und kirchliche Leben zu dulden.« (6)
Die Verbeugung dieser Kirchenoberen vor den damaligen Machthabern folgt einer klaren Weisung der Bibel. Im Brief des Paulus an die Römer, Kapitel 13, Vers 1 und 2 fordert der erste Theologe der Christenheit:
»Jeder leiste den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam. Denn es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott stammt; jede ist von Gott eingesetzt. Wer sich daher der staatlichen Gewalt widersetzt, stellt sich gegen die Ordnung Gottes, und wer sich ihm entgegenstellt, wird dem Gericht verfallen.«
Das Fazit des Verfassers, Michael Krämer aus Wanfried ist:
„Ohne den Antijudaismus Luthers, den dieser in seiner Hetzschrift von den Juden und ihren Lügen (1543) verfasste, wäre der politische Antisemitismus im Nationalsozialismus, nicht denkbar.
Hitlers Machtergreifung im Januar 1933 und die anschließende Festigung seiner Macht in breitesten bürgerlichen Kreisen bis über die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November – übrigens Luthers Geburtstag- im Jahre 1938 hinaus, in der die jüdischen Synagogen brannten, wäre ohne die Unterstützung der beiden Volkskirchen, die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland, nicht möglich gewesen. Ein entschlossener breiter Widerstand der Bischöfe und der Pfarrer sowie der Kirchenmitglieder gegen die Entrechtung der Juden, der Kommunisten, der Sozialdemokraten, der Gewerkschafter, gegen die Abschaffung des demokratischen Parlamentarismus und des Rechtsstaates erfolgte gerade nicht. Vielmehr wurden die Ausschreitungen der Nazi-Schläger von der breiten Bevölkerung geduldet, wenn nicht gar unterstützt.
Vor diesem Hintergrund ist es umso unverständlicher, dass die evangelische Kirche in Deutschland sich angesichts des 500-jährigen Jubiläums der Reformation in Deutschland sich immer noch nicht dazu hat durchringen können sich deutlich von Luthers antijudaistischen Texten zu distanzieren und der Judenmissionierung ein für alle Mal eine öffentliche Absage zu erteilen.
Auch zu der aktuellen Diskussion um die angebliche christlich-jüdische deutsche Leitkultur, bei gleichzeitiger scharfer Abgrenzung zum Islam bedarf einer dringenden Aufarbeitung, damit die große Minderheit der Muslime in Deutschland nicht in eine Rolle gedrängt wird, die der der jüdischen Minderheit in den 1930iger Jahren des letzten Jahrhunderts vergleichbar ist.
Die über Jahre hinweg nicht aufgeklärte Mordserie des NSU und die erneut in jüngster Zeit verübten Mord- und Brandanschläge auf Flüchtlinge und Migranten in Deutschland sowie die menschenverachtenden Geschehnisse vor Lampedusa, bei denen hunderte Menschen ertranken, verlangen höchste Sensibilität der Öffentlichkeit und erfordern unseren konsequenten Widerstand gegen solche Ereignisse und die dahinterstehende Politik der Aus- und Abgrenzung von Minderheiten und Migranten. Auch die Beachtung der „sozialen Fragen“ und der immer stärkeren Auseinanderdriftens der Gesellschaft in wenige sehr Reiche und die zunehmende Präkarisierung einer ständig zunehmenden Anzahl von Arbeits- verhältnissen immer breiterer Bevölkerungsschichten darf nicht unterschätz werden, wenn es auch heute noch um die Abwehr von Gefahren aus äußersten rechten politischen Ecke geht. Lesen Sie dazu auch: 200 Prozentige und die anderen