Die historische Reise der Werra-Keramik
Petra Fesch und Peter Lutz planen eine Reise für das Happy End
Wanfried. Die Strömung ist stark, der Fluss breit. Dennoch, genau an dieser Stelle unterhalb des Hanfes müssen sie anlegen. Sie drehen das schwer beladene Kanu und paddeln entgegen der Strömung an die Stelle, wo Eichenpfähle eingeschlagen sind und Reisigbündel das Ufer befestigen, an die Wanfrieder Schlagd.
Prinzessin Pocahontas und Captain John Smith gehen hier an Land und werden vom Wanfrieder Bürgermeister Gebhard empfangen. Ein Glashüttenmeister mit seiner Frau aus dem „Alten Tal der Glasmacher“, Hellental im Solling, und der Töpfer mit seiner Frau sind vor Ort, um den Reisenden ihre Waren anzubieten. Es ist der Falkenteller, der die Prinzessin in seinen Bann zieht. Sie erwerben diese besondere Keramik, die Weltgeschichte schrieb, seitdem sie in James Fort in Virginia gefunden wurde.
Mitte Mai spielte sich genau diese Szene vor den Augen hunderter Gäste am Wanfried Hafen ab. Es handelte sich um die Generalprobe einer privaten Reise der Eschwegerin Petra Fesch und des Wanfrieders Peter Lutz. Nach dreijähriger Vorbereitungszeit paddelten ein Stück die Werra hinunter. Vom 21. Juli bis 4. August werden sie zwei Wochen Werra abwärts reisen und auch ein Stück auf der Weser unterwegs sein. „Petra und ich lassen die Geschichte von Diana Wetzestein Realität werden. Wir führen Wanfried und Jamesfort und die beiden wichtigsten Personen nach 400 Jahren über die Werra Ware zusammen. Und damit ihre Liebe doch noch ein Happy End findet, erzählen wir sie weiter“, so Peter Lutz. Jeden Abend wollen sie irgendwo anlanden und hoffen auf einen ebenso netten Empfang wie hier in Wanfried. Im Gepäck haben sie die spannende Geschichte der Werra-Keramik, die nicht nur die Werraanrainer verbindet, sondern Deutschland mit Jamestown/Virginia in den USA.
Wanfrieds Bürgermeister Wilhelm Gebhard hieß die beiden Abenteurer willkommen. Er unterstützt die Planungen von Petra Fesch und Peter Lutz , zeigt sich begeistert von der nicht alltäglichen Aktion. „Sie erzählen mit ihrer Tour die Geschichte der Weser-Werra-Schifffahrt nach, erinnern an den einst bedeutsamen Handelsort Wanfried und an die Wanfrieder Töpferkunst. Das ist großartig und für Wanfried eine hervorragende Werbung. Ich wünsche beiden viel Freude bei der Tour und eine gesunde Heimkehr,“ so Gebhard.
Tatsächlich liegen schon jetzt hunderte Stunden der Planung, Besuche im Wanfrieder Museum und viele Gespräche mit Gleichgesinnten hinter der 52-jährigen Tischlerin und dem 70-jährigen Notarzt, die ihren Sommerurlaub für diese Tour opfern. Dafür haben sie ein stattliches Kanu bauen lassen, dessen Fahrtüchtigkeit voll beladen bewiesen wurde. Natürlich wurde auch in historischer Gewandung des frühen 17. Jahrhunderts geprobt, an Bord ein Indianer-Tipi und unzähligen Assessors, allesamt Zeichen der Akribie dieser Unternehmung.
Mit im Boot der Aktion auch die Eschweger Kunsttöpferin Ursula Wagger, die eigens dafür originalgetreue Repliken des Falkentellers angefertigt hat. Außerdem Dr. Klaus Weber, Leiter des Regionalmuseums Hellental im Solling. „In dieser nachgestellten Reise sind kulturtouristische und historische Potentiale zur Herstellung, Kulturgeschichte, Sozialgeschichte und zu den Produkten enthalten. Ich würde mir eine Dauerausstellung über diese Keramikstory hier am historischen Hafen wünschen“, sagte Dr. Weber mit dem Hinweis, dass das Ziel der Reise im Hellental sein wird, wo ebenfalls Bruchstücke dieser Keramik gefunden wurden.
Am Anfang dieser Reise steht die Idee. Die entstand, als das kreative Paar die Geschichte über den Teller der Pocahontas und die Reise der Werra-Keramik in einem Magazin der Wanfrieder Journalistin Diana Wetzestein las. Aus ersten Ideen wurde ein Konzept, das in die Tat umgesetzt wird.
Die Geschichten um den Wanfrieder Hafen stehen seit 1999 im Focus der Wanfriederin. Schon damals schrieb sie die Konzeption für die Wiederbelebung des Ortes, der heute Anziehungspunkt tausender Reisenden ist. „Im Februar 2008 lernte ich bei einem Interviewtermin Beverly und Reinhard Straube aus Williamsburg/Virgina kennen. Als ich erahnen konnte, was über die Werra Keramik erzählt werden kann, war ich total begeistert und habe selbst recherchiert“, sagte Diana Wetzestein. Denn die amerikanische Archäologin sprach über die „Werra-Ware“, wie sie dort genannt wird, als bedeutendste Keramik der Renaissance.
Bei Ausgrabungen in James Fort wurden 1994 Bruchstücke gefunden, die sofort als „Werra Ware“ identifiziert und dem deutschen Arzt, Johannes Fleischer, zugeordnet wurden, so Wetzestein. Ihre Recherchen über das Leben einer Wanfrieder Töpferfamilie und die des Stammes der Powhatan-Indianer inszenierte sie zu zwei Monologen des Töpfers Hans Möller und Prinzessin Pocahontas. Damit gibt die Autorin einen kurzweiligen Einblick in zwei Welten, in der die Irdenware eine wichtige Nebenrolle spielte.
Die kurze Szene am Wanfrieder Hafen gab einen kleinen Vorgeschmack auf die große Tour von Petra Fesch und Peter Lutz, die nach über 400 Jahren über die Werra Ware der tragischen Geschichte ein Happy End liefern wollen.
Ein Erfolg ist es bereits, denn ihren Vorbereitungen haben sich viele Menschen angeschlossen, denen es Freude macht, Geschichte auszugraben und Geschichten darüber zu erzählen. Es ist genau das, was Pocahontas und John Smith die größte Freude bereiten wird, auf ihrer Reise mit der Werra-Keramik.